1.3 Die Zielvereinbarung

Die CO2-Emissionen der KVA sind mit ca. 2 Millionen Tonnen fossilem CO2 nicht vernachlässigbar. Auf der anderen Seite können diese Emissionen mit den gängigen Mechanismen, wie Umstellung auf saubere Brennstoffe oder Massnahmen zur Steigerung der Energie-Effizienz, nicht direkt bzw. sehr beschränkt vermindert werden. Die angelieferten Abfälle müssen gleichwohl verbrannt, der darin enthaltene Kohlenstoff gemäss gesetzlichen Vorgaben möglichst vollständig oxidiert werden. Im Wissen dieser Besonderheiten wurde nach einem pragmatischen Ansatz gesucht, damit die KVA einen angemessenen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es wurde der Weg einer Zielvereinbarung gewählt.

1.3.1 Die Vertragsparteien

Die Vertragsparteien der Zielvereinbarung sind einerseits das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und andererseits sämtliche in Betrieb stehenden KVA. Die KVA werden vom Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) vertreten. Sie sind in der Tabelle 1.1 aufgeführt.

Tabelle 1.1: Liste der 30 von der Zielvereinbarung erfassten KVA mit Standortkanton und Anlage-Kürzel. Zu beachten ist, dass die KVA Luzern (Anlage-Kürzel LU_1) bei Unterzeichnung der Vereinbarung im Jahre 2014 in Betrieb war, sie wurde am 31.12.2014 stillgelegt und von der KVA Perlen (Anlage-Kürzel LU_2) ersetzt. Damit waren 2014 wie 2015 30 Anlagen in Betrieb.
Nr Standortkanton Anlagestandort Anlage-Kürzel
1 AG Buchs (AG) AG_1
2 AG Oftringen AG_2
3 AG Turgi AG_3
4 BE Bern BE_1
5 BE Biel BE_2
6 BE Thun BE_3
7 BS Basel BS_1
8 FR Posieux FR_1
9 GE Genf GE_1
10 GL Niederurnen GL_1
11 GR Trimmis GR_1
12 LU Luzern (in Betrieb bis 31.12.2014) LU_1
13 LU Perlen (in Betrieb ab 1.1.2015) LU_2
14 NE Colombier NE_1
15 NE La Chaux-de-Fonds NE_2
16 SG Bazenheid SG_1
17 SG Buchs (SG) SG_2
18 SG St. Gallen SG_3
19 SO Zuchwil SO_1
20 TG Weinfelden TG_1
21 TI Giubiasco TI_1
22 VD Lausanne VD_2
23 VS Gamsen VS_1
24 VS Sion VS_2
25 VS Monthey VS_3
26 ZH Dietikon ZH_1
27 ZH Hinwil ZH_2
28 ZH Horgen ZH_3
29 ZH ZH Hagenholz ZH_4
30 ZH ZH Josefstrasse ZH_5
31 ZH Winterthur ZH_6

1.3.2 Gegenstand der Zielvereinbarung: Reduktion der Netto-CO2-Emissionen

Gegenstand der Zielvereinbarung ist eine Reduktion der fossilen Netto-CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Abfällen in den in Tabelle 1.1 aufgeführten Anlagen.

Die Netto-CO2-Emissionen werden wie folgt berechnet:

Zuerst werden die fossilen Brutto-CO2-Emissionen \(EM^B\) berechnet, als Produkt der verbrannten Abfallmenge \(M_v\) mit dem Emissionsfaktor \(EF\) für fossiles CO2 nach Gleichung (1.4).

\[\begin{equation} EF\ CO_{2, fossil} \times M_v = EM^{Brutto}\,CO_{2, fossil} \ := EM^B \tag{1.4} \end{equation}\]

Die Produktion von Wärme und Strom in KVA sowie die Rückgewinnung von Metallen führen zu indirekten CO2-Einsparungen. Die Netto-CO2-Emissionen ergeben sich folglich aus der Differenz zwischen den fossilen Brutto-CO2-Emissionen und den mit einem entsprechenden Emissionsfaktor gewichteten Elektrizitäts- und Wärmelieferungen an Dritte und den indirekten Einsparungen aus der Metallrückgewinnung.

\[\begin{equation} EM^{Netto}\,CO_{2, fossil} = EM^B - EF_{ele} \times E_{ele} - EF_w \times E_{w} - \sum MRW \tag{1.5} \end{equation}\]

Mit

  • \(\sum MRW\) [t CO2] die Summe aller CO2-Boni aus Metallrückgewinnung
  • \(EF_{ele}\) [t CO2/MWh] der Emissionsfaktor für Elektrizität
  • \(E_{ele}\) [MWh] die an Dritte gelieferte Elektrizität
  • \(EF_w\) [t CO2/MWh] der Emissionsfaktor für Wärme
  • \(E_w\) [MWh] die an Dritte gelieferte Wärme

Die Emissionsfaktoren wurden auf folgende Werte festgelegt:

  • \(EF_{ele}\) = 0.0183 t CO2/MWh
  • \(EF_w\) = 0.2243 t CO2/MWh

Damit ist die Wärmelieferung etwa zehnmal stärker gewichtet als die Stromlieferung.

Ein CO2-Bonus wird für die Rückgewinnung folgender Metalle gewährt: Eisen (Fe), Aluminium (Al), Kupfer (Cu), Stahl rostfrei, Zink (Zn), Blei (Pb), Gold (Au) und Silber (Ag).

Der CO2-Bonus für die einzelnen Metalle (\(MRW_{met}\)) wird wie folgt berechnet:

\[\begin{equation} MRW_{met} = EF_{met} \times M_{met} \tag{1.6} \end{equation}\]

Mit

  • \(EF_{met}\) [t CO2/t Metall] der Emissionsfaktor, der mit der Rückgewinnung des jeweiligen Metalls verbunden ist.
  • \(M{met}\) [t Metall] die rückgewonnene Menge an jeweiligem Metall Die Emissionsfaktoren wurden auf folgende Werte festgelegt (Tabelle 1.2):
Tabelle 1.2: Die Emissionsfaktoren der verschiedenen Metalle. Quelle: Die Emissionsfaktoren wurden der Datenbank Ecoinvent, Version 2.2, entnommen.
Metall Emissionsfaktor Einheit
\(EF_{\text{Eisen}}\) 1.52 t CO2/t Fe
\(EF_{\text{Aluminium}}\) 10.66 t CO2/t Al
\(EF_{\text{Kupfer}}\) 1.36 t CO2/t Cu
\(EF_{\text{Stahl, rostfrei}}\) 4.11 t CO2/t Stahl, rostfrei
\(EF_{\text{Zink}}\) 2.57 t CO2/t Zn
\(EF_{\text{Blei}}\) 1.46 t CO2/t Pb
\(EF_{\text{Gold}}\) 9’632.00 t CO2/t Au
\(EF_{\text{Silber}}\) 427.00 t CO2/t Ag

Wenn die rückgewonnene Metallmenge nicht in die einzelnen Metalle aufgeschlüsselt wird, sondern nur in den zwei Kategorien Eisen und Nicht-Eisen-Metalle (NE) angegeben wird, wird für die NE-Fraktion ein Pauschal-Emissionsfaktor verwendet:

\(EF_{\text{NE}}\) = 5.0 t CO2/t NE

Der Wert von 5.0 t CO2/t NE widerspiegelt die Tatsache, dass ein grosser Teil der NE-Fraktion aus Aluminium besteht. Der Wert ist bewusst tief festgelegt, damit ein Anreiz besteht, die NE-Metalle besser aufzutrennen.

1.3.3 Vereinbarte Zielwerte

Die Netto-CO2-Emissionen aus den in Tabelle 1.1 aufgelisteten Anlagen im Jahr 2010 bilden die Referenzgrösse. Sie betrugen 1.14 Millionen t CO2. Die Vertragsparteien haben folgende Zielwerte vereinbart:

  1. Bis Ende des Jahres 2020 sind die Netto-CO2-Emissionen aus den in Tabelle 1.1 aufgelisteten Anlagen um 200‘000 t CO2 zu reduzieren. Sie dürfen dann noch maximal 0.94 Millionen Tonnen CO2 betragen.

  2. Im Zeitraum von 2010 bis 2020 muss zudem die kumulierte Abnahme der Netto-CO2-Emissionen mindestens 1 Million Tonnen CO2 erreichen.